Rede des Stadtverordneten Jürgen Repschläger

Liebe Bonnerinnen und Bonner!

Ja, das war ein Schock, als die ersten Berichte über das Potsdamer Treffen der AfD auftauchten.
Alleine der Begriff "Massendeportation" hat einen erschaudern lassen. Dass auch Leute aus der
Wirtschaft und einige CDU-Mitglieder dabei waren, ist mehr als nur ein Alarmzeichen.
Und deshalb ist es gut und richtig, dass nun Land auf, Land ab Kundgebungen, zum Teil große
Kundgebungen, gegen Rechts abgehalten werden.

Ich freue mich, dass sich jetzt auch in Bonn die Parteien und viele andere zu einem gemeinsamen Protest zusammengefunden haben. Wir sind in vielen Fragen völlig anderer Meinung und wir haben unterschiedliche gesellschaftliche Ziele, aber ein gemeinsames Auftreten gegen den drohenden Faschismus ist eine gute Sache. Das ist leider nicht immer selbstverständlich. In Koblenz z. B. sind CDU und FDP nicht dabei, weil sie – Zitat: "...nicht mit Extremisten gegen Extremisten demonstrieren wollen." Gemeint waren tatsächlich wir Linke.

Dies ist in Bonn erfreulicher Weise anders! Wir stehen hier trotz unserer vielen Unterschiede
zusammen. Unterschiedlich zu sein, bedeutet natürlich auch unterschiedliche Meinungen zu haben, wie die rechten Umtriebe bekämpft werden können. Wir Linke behaupten nicht, die einzig richtigen Konzepte zu haben. Aber wir wissen, wie es nicht geht!

Seitdem die Umfragewerte der AfD steigen und sich ihre Umfragewerte auf hohem Niveau
stabilisiert haben, überbieten sich Politiker aller Parteien in Vorschlägen, wie Deutschland mehr Menschen abschieben kann. Und es gibt immer neue Forderungen, wie sich Europa und damit Deutschland von der Ärmsten der Armen abschotten kann. Als die AfD vor Jahren den Begriff der illegalen Migration schuf, ging noch ein Aufschrei durch die demokratischen Parteien. Heute gilt der Begriff bei allen Parteien als gesetzt. Dabei schaue ich auch auf uns Linke. Frau Wagenknecht und ihre Mitstreiter haben diesen Begriff oft benutzt und haben versucht, die Linke nach rechts zu verschieben. Sie ist gescheitert und hat die Partei endlich verlassen, worüber ich, wie auch die Linke in Bonn, sehr froh sind.
Glaubt denn tatsächlich irgendjemand, die AfD schwächen zu können, indem ihre Parolen, wenn auch abgeschwächt, übernommen werden? Sprüche wie: „Die Flüchtlinge wollen doch nur zum Zahnarzt!“ oder „Jetzt müssen wir im großen Stil abschieben!“ schwächen die AfD nicht. Im Gegenteil, sie wird ermuntert, weiter zu machen. Auch Millionenzahlungen an Diktatoren, damit sie Deutschland Flüchtlinge vom Hals halten, sind ein inhumaner Skandal. Die AfD merkt, dass sie mit ihren Parolen Einfluss auf die Parteien ausübt. Erfolg motiviert, und die AfD wird immer dreister!

Wir haben das schon mal erlebt! Als Anfang der 90er Jahre Flüchtlingsheime brannten und der
rassistische Mob Migrantinnen jagte und verprügelte, reagierte die Zivilgesellschaft mit
Lichterketten und der Bundestag mit einer weitgehenden Beschneidung des Rechtes auf Asyl.
Die Lichterketten verschwanden, die Schleifung des Asylrechtes blieb, und die Faschisten blieben auch.

Leider gibt es auch aus dem akademischen Raum inhumane und rückwärtsgewandte Vorschläge. Der Bonner Politologieprofessor Decker beantwortete in einem General-Anzeiger- Interview vor drei Tagen die Frage, was man denn gegen die AfD tun könne, mit der Aussage: „Man könnte in der Klimapolitik zurückrudern und die Migrationspolitik verschärfen!“
So bekämpft man den Faschismus bestimmt nicht!

Kundgebungen, wie die heute sind gut und wichtig, aber Antifaschismus ist eine Alltagsaufgabe. In der letzten Sitzung des Integrationsrates gab es den Antrag, Bonn-Orange solle faschistische, rassistische und antisemitische Aufkleber im Straßenbild prioritär entfernen. Das kann man machen, aber es ist auch ein Delegieren von Antifaschismus an Andere. Wir sollten alle, wenn wir das Haus verlassen, einen Stapel von Antifa- oder antirassistischen Aufklebern in der Tasche haben und die rassistische Agitation überkleben.

Vor allem ist es aber wichtig, die AfD zu entzaubern. Die AfD inszeniert sich ja gerne als Partei des kleinen Mannes. Die kleine Frau ist ihr nicht ganz so wichtig. In Wirklichkeit ist die AfD
neoliberal, will Unterstützungs- und Transferleistungen kürzen, sie hetzt gegen drogenkranke
Menschen und Obdachlose und gegen alle, die als Minderheiten bezeichnet werden. Diese Partei ist für Faschisten und Rassisten eine Alternative, für sonst niemanden. Sagen wir das immer und überall, wo es notwendig ist! Schützen wir die bedrohten Menschen und bleiben wir standhaft gegen alle Rassisten, egal in welcher Maske sie gerade rumlaufen!

 

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