Gut besuchter Diskussionsabend zum Ukraine-Krieg am 10.05.2023

Kontrovers, aber sachlich und fair ging es beim Diskussionsabend zum Ukraine-Krieg am letzten Donnerstag, 10. Mai 2023, im Hörsaal 3 der Universität Bonn zu, zu der unser Kreisverband geladen hatte.

Ulrike Eifler, Bundessprecherin der Bundesarbeitsgemeinschaft Betrieb und & Gewerkschaft DIE LINKE, und Paul Schäfer, ehemaliger Bundestagsabgeordneter und ehemaliger Obmann der Linksfraktion im Verteidigungsausschuss und verteidigungs- und abrüstungspolitischer Sprecher der LINKEN, waren eigens angereist, um den Gästen mit Kurzreferaten einen Input für die anschließende Diskussion zu geben. Hierbei ging es auch darum, wie der Krieg in der Ukraine einzuordnen ist und welche (auch unterschiedliche) Positionen sich heraus ergeben können.

Eifler geht davon aus, dass der Minimalkonsens aller Genoss*innen der LINKEN, so kontrovers ihre Anschauungen auch sein mögen, darin besteht, dass der Krieg so schnell wie möglich beendet werden muss. Denn der Krieg, so Eifler, habe fatale Auswirkungen sowohl auf Russland alsauch auf die Urkaine: Die Repressionen im Inneren nähmen in beiden Ländern zu. Außerdem seien die Länder des globalen Südens von einer drastischen Energiekrise betroffen. Aber auch in Europa verursachten Inflation und Energiepreiskrise existenzielle Nöte.

Es müsse hierbei anerkannt werden, dass es sich um einen Angriffskrieg seitens Russland handle, für den es keine Rechtfertigung gebe. Dennoch müsse man diesen Krieg im Kontexte neuer geopolitischer Spannungen und der multiplen Krise des Kapitalismus sehen: Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion folgte ein unaufhaltsamer Aufstieg Chinas. China fordere die Hegemonialmacht USA heraus. Russland hingegen versuche, aus der geopolitischen Defensive herauszukommen.

Eifler sieht den Ukraine-Krieg ganz wesentlich als Stellvertreterkrieg, der vor allem den USA dazu verhelfe, neue Blöcke zu kreieren.

Dabei profitierten nicht die Söhne und Töchter der arbeitenden Bevölkerung von diesem Krieg. Umverteilung und Tarifpolitik würden vor dem Hintergrund immer schwieriger. Aus diesem Grund müssten die Gewerkschaften sich stärker in die Friedensbewegung einbringen, vor allem auch vor dem Hintergrund ihrer Erfahrung mit Verhandlungen mit den Arbeitgebern.

Paul Schäfer schätzt den Krieg in der Ukraine etwas anders ein.

Auch er ist der Auffassung, DIE LINKE müsse sich auf jeden Fall in Gegensatz zum Bellizismus stellen und die Kritik an der NATO aufrecht erhalten. Man müsse auch die Ängste vor einer Eskalation ernst nehmen und Initiativen zur Diplomatie unterstützen.

Doch fänden sich Positionen in der Partei, aus deren Sicht der Angriffskrieg Russlands gar nicht stattgefunden habe, und teilweise werde eine Täter-Opfer-Umkehr vorgenommen. Hiermit werde der Aggressor von seiner Schuld entlastet. Für Schäfer ist klar, dass es Putin darum ging, die Ukraine zu unterwerfen, und auch die jetzige Kriegsführung deute darauf hin.

Neben einer pazifistischen Tradition habe DIE LINKE auch eine Tradition der internationalen Solidarität - und hier gehe es auch um die Verteidigung des Selbstbestimmungsrechtes der Völker. Der Ukraine sei diese Selbstbestimmung sehr wichtig, ihr gehe es um eine Unabhängigkeit von Russland. Klar sei, dass ohne auswärtige Militärhilfe dieser Verteidigungskampf sofort zuende sei. Internationale Solidarität beinhaltet für Schäfer in dieser Situation vor allem Solidarität mit Linken und Gewerkschaften in der Ukraine.

Natürlich könne man die NATO-Osterweiterung als eine der Ursachen des Konfliktes identifizieren, doch seien es vor allem die osteuropäischen Länder gewesen, die diese Osterweiterung wollten. Der ultra-reaktionäre Charakter des Putin-Regimes sei Grund für dessen expansive Außenpolitik, bei der er sich an dem Vorbild des Zarenreiches orientiere.

Daher müsse man das Nötige tun, um einen "Diktatfrieden" zu verhindern. Darauf, dass Putin von selbst einlenke, gebe es keine Hinweise. Methoden des zivilen Widerstands seien aber eine ernstzunehmende Option.

Natürlich müsse man Putin nach Ende des Krieges auch Kooperationsangebote machen, diese müssten auf der Basis des Völkerrechts fußen.

So unterschiedlich wie die Blickwinkel der beiden Referent*innen waren die Diskussionsbeiträge der rund zwanzig Besucher*innen, was vor allem liegt, dass der Krieg, seine Ursache und seine Funktion sehr unterschiedlich eingeordnet wird.

Es gibt wohl tatsächlich in dieser Frage keine einfache und einheitliche Position - daher auch die Schwierigkeit, sich als Partei eindeutig zu positionieren. Doch müssen wir miteinander sachlich und mit Wertschätzung des jeweils Andersdenkenden im Gespräch bleiben, ausgehend davon, dass wir zumindest alle eines wollen: ein schnelles Ende des Krieges.